Tierpfleger sein – so ein dankbarer Job!
Seid ganz ehrlich: Was würdet ihr tun, wenn ihr nach einer viel zu kurzen Nacht, mit den Rückenschmerzen vom Tag zuvor und blauen Flecken am Oberschenkel (weil der Maulkorb-Hund mal wieder schneller sein wollte als ihr) die Tür zu diesem Zimmer öffnet? Mit der Ansicht, wie sie das linke Bild zeigt, selbstverständlich. Licht wieder aus, Tür zu und Rückzug?
Geht nicht. Schließlich warten nach dieser Wandmalerei noch 18 weitere darauf, wohlwollend aber kritisch beäugt und für die nächste documenta – Ausstellung vorgeschlagen zu werden. Und dann erwarten die kreativen Köpfe dahinter, dass ihre Leinwand wieder geweißt, die Fliesen blank geputzt und die Körbchen neu bezogen werden. Es ist vielleicht nicht der allerbeste Teil des Jobs, aber elementar. Putzen, säubern und desinfizieren stehen an der Tagesordnung. (Kleiner Spoiler für alle, die mal ein Praktikum bei uns machen wollen: Die Bewohner dieses Zimmers sind immerhin schon „stubenrein“, im Sinne von „Geschäfte werden draußen verrichtet“.) Hier werden Glaubenskriege geführt, ob nun Schrubben oder doch Wischen das non plus ultra ist, wie der perfekte Wasserschlauch beschaffen ist, welche Flitsche am besten in der Hand liegt und gleichzeitig auch die Ecken tiefenrein hinterlässt.
Und wenn der Teil geschafft ist, ist der Tag noch lange nicht vorbei. Unsere Tierpfleger sind gleichzeitig Kindergärtner, Erzieher, Krankenpfleger, Ernährungsberater, Seelenklempner (lange nicht nur für die Vierbeiner), Telefondienstler, Trainingspartner, Lichtblickgeber, Sprungbrett und Trittbretthalter. Sie beruhigen, beraten, reparieren, trainieren, schauen hin, fühlen rein, verstehen, helfen, machen sich schmutzig, werden schmutzig gemacht… und manchmal wird’s auch unschöner als das. Wenn ein Tier mit Vorgeschichte, Ängsten oder Problemen einzieht, im vorigen Heim nicht mehr händelbar war, zu viel oder lästig geworden ist, baden sie aus und drücken auf Reset.
Dankbarkeit hat viele Gesichter, oft aber nicht das, welches Tierübernehmer dann auf der heimischen Couch (meinen zu) sehen. Dankbarkeit kann auch sein, den Wassereimer zum vierten Mal umzukippen, weil er ja doch wieder zuverlässig aufgefüllt wird; das Futter über Tage schief anzugucken, weil man weiß, dass nur Hartnäckigkeit die Tore zu den leckersten Köstlichkeiten öffnet; sich nach Tagen oder Wochen ohne Murren, Knurren oder Schnappen anleinen zu lassen, weil das Gegenüber so ausdauernd und stets respektvoll war…
Tierpfleger sein – echt ein dankbarer Job. Jedenfalls dann, wenn man das Leben zu nehmen weiß, wie es kommt; sich weder vor körperlicher, mental belastender Arbeit oder Schmerzen scheut; ein dickes Fell hat; nichts zu persönlich nimmt und für die Tiere brennt. Und ein wenig Spaß an sowie eine gewisse Perfektion bei Putzarbeiten ist definitiv ein großes Plus
Die Fotos zeigen einen klassischen Dienstag. Zeit bis tiefenrein (inkl. Auslauf und Körbchen): ca. 2 Stunden für eine Person)